Wo Songs im Mittelpunkt stehen

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Im sagenumwobenen Bluebird Café in Nashville ist das Songwriting stets der Star.

Nashville gilt für viele als das weltweite Zentrum der Country-Musik. Es mag daher seltsam wirken, dass der wichtigste Ort für Country Music Songwriter ein kleiner Veranstaltungssaal inmitten einer Reihe kleiner Geschäfte in einer unauffälligen Einkaufsstraße in den Außenbezirken der Stadt ist.

Wir reden hier vom legendären Bluebird Café, gegründet im Jahr 1982, und das sich noch heute am selben Ort in Green Hills befindet, 10 Meilen südlich der Neonschilder und Touristen der City von Nashville mit ihren Bars und Clubs an der Broadway und dem ikonischen Ryman Konzertsaal.

„Die Leute sagen, Country-Musiker haben den Ryman und Songwriter haben das Bluebird“, sagt Erika Wollam Nichols, COO und Managerin des Bluebird. Erika fing 1984 an, als Kellnerin im Bluebird zu arbeiten, während sie noch das College besuchte, zwei Jahre nachdem Gründerin Amy Kurland den Laden als Gourmet-Restaurant eröffnet hatte. Erika erlebte, wie sich das Café von einem Restaurant, das hin und wieder Live-Musik veranstaltete, in eine Oase für Country-Musik-Liedermacher und Zuhörer verwandelte.

„Amy hatte einen Freund, der Gitarrist war“, erinnert sie sich. „Er hat sie gefragt, ob sie eine kleine Bühne installieren könnte, damit er seine Freunde zum Musikmachen einladen könnte. So fing es mit der Musik an. Als ich damals hier anfing zu arbeiten, ging es um Bands. Es war kein Ort für Songwriter.“

Aber der kleine Raum erwies sich als ungeeignet für laute Bands. Eines Abends machte man daher das Experiment, einen Songwriter mit seiner Gitarre einzuladen, und was dann folgte, ist Geschichte.

„Als Amy an jenem Abend das Café betrat, war die Aufmerksamkeit aller Anwesenden vollständig auf die Songs gerichtet“, erzählt Erika.  „An jenem Abend wurde auch ein größerer Umsatz als je zuvor erreicht. „Sie beschloss daher, verstärkt auf Songwriter zu setzen.“

Das größtenteils unveränderte Interieur des Bluebird mit seinen antiken Holzstühlen, Tischdecken aus Vinyl, abgenutzten Teppichen, abgehängten Decken und der Wand mit handsignierten Portraits von Musikern, die im Laufe der Zeit dort aufgetreten sind, wirkt einladend und vermittelt in vielerlei Hinsicht einen angenehmen Charm, bei dem die Zeit stehen geblieben ist und ganz klar kein Interesse besteht, irgendwelchen Trends nachzueilen. Mit einer Kapazität für knapp 90 Sitzplätze, stellt der Veranstaltungsort ein intimes Ambiente bereit, in dem die Musiker oft praktisch inmitten des Publikums spielen, nah genug, um ihren Drink auf einem der Tische der Klienten abzustellen. Hier wird Country Music Songwritern seit jener Zeit unverändert ein Ort geboten, an dem sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen können, um ihre Songs auszuarbeiten und mit den Zuhörern zu interagieren.

„Ich habe es erlebt, wie Vince Gill seine Gitarre jemandem überreichte, der an einem Tisch neben ihm saß“, erzählt Erika.

Wenn Sie sich für die ereignisreiche Geschichte des Bluebird und seiner Bedeutung für die Songwriting-Gemeinde von Nashville interessieren, empfehlen wir Ihnen den hervorragenden Dokumentarfilm von 2019 Bluebird (An Accidental Landmark That Changed Music History). In diesem Dokumentar wird die Entwicklung des Cafés in einen insbesondere an Songwriter gerichteten Veranstaltungsort aufgezeigt, der dazu beigetragen hat, als Startrampe für die Karriere unzähliger Songwriter und Künstler zu dienen, darunter Kathy Mattea, Garth Brooks, Faith Hill, Keith Urban, Taylor Swift, um nur ein paar zu nennen. Der Film ist gefüllt mit einer Vielzahl an Beiträgen von Songwritern, Künstlern und Bluebird-Mitarbeitern, die erzählen, wie der Musiksaal sich zu einem unverzichtbaren Teil des musikalischen Ökosystems von Nashville entwickelt hat.

Schauen Sie sich den Trailer des Dokumentarfilms Bluebird an

Eine Partnerschaft mit Taylor zur Unterstützung von aufsteigenden Songwritern

Vor ein paar Jahren bekam Taylor Guitars die Gelegenheit, eine Zusammenarbeit mit dem Bluebird zu starten. Obwohl der Musikclub nur selten Partnerschaften eingeht, haben sowohl Erika als auch Tim Godwin, Leiter für Artist Relations und Entertainment bei Taylor, festgestellt, dass Taylor und dem Bluebird Café die Leidenschaft gemein ist, aufsteigende Songwriter zu unterstützen.

„Als die Möglichkeit einer Partnerschaft mit Taylor Guitars aufkam“, sagt Erika, „haben wir uns die Frage gestellt: Was können wir gemeinsam unternehmen, um sowohl dem Ziel von Taylor, Musikern und Songwritern Gelegenheiten zum Auftreten zu bieten, entgegenzukommen, als auch unserer Mission treu zu bleiben, Musiker dabei zu unterstützen, ihre Kunst weiterzuentwickeln?“

Godwin, früher als Profi-Musiker tätig, hat eine Schwäche für jene mitreißenden Songs und hat im Laufe der Zeit so manchem Auftritt im Bluebird beigewohnt, wodurch er die Charakteristik dieses Veranstaltungsorts, sich auf die Musiker als fördernde Umgebung auszuwirken, zu schätzen gelernt hat.

„Was mir besonders gut an den Shows dort gefällt, ist, dass die Songtexte regelrecht zum Leben erwachen“, sagt er. „Wenn man sich eine Aufnahme anhört, sind da meist alle Elemente der Produktion mit dabei, während man hier nur die Gitarre und den Liedtext hat, wodurch man wirklich den Eindruck bekommt, selbst ein Teil des Songs zu sein. Es ist ein tolles Erlebnis sowohl für die Musiker als auch die Zuhörer.“

„Songwriter haben bei uns königlichen Status und es ist unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass die Leute das merken.“

Unsere Partnerschaft wurde 2020 anhand des Bluebird Golden Pick Contest in die Tat umgesetzt, der Songwritern die Gelegenheit bietet, sich einen Auftritt im Rahmen der Bluebird’s Monday Open Mic Night zu verdienen. Singer/Songwriter können, ganz gleich wo sie herkommen, ein Video von einem ihrer eigenen Songs auf Instagram veröffentlichen, um die Chance zu bekommen, für einen Auftritt im Bluebird auserwählt zu werden, wo sie zwei Songs spielen können. Jeden Monat wird von einem vom Bluebird zusammengestellten Ausschuss ein Gewinner auserwählt. Zusätzlich zum Auftritt im Bluebird, erhält der Gewinner eine Taylor American Dream-Gitarre sowie die kostenlose professionelle Video-Aufzeichnung der Performance seines Songs im Taylor Showroom in Nashville, bei Soundcheck Studios. (Mehr zu diesem Wettbewerb finden Sie hier.)

In diesem Jahr findet die vierte Ausgabe des Wettbewerbs statt, weshalb ein paar Elemente des Artist Relations-Teams von Taylor nach Nashville gereist sind, darunter Godwin, Videoproduzent Gabriel O’Brien und unsere Community Relations Managerin Lindsay Love-Bivens, um sich mit Erika und anderen an der Geschichte des Bluebird beteiligten Menschen zu treffen. Sie haben auch mit ein paar Musikern gesprochen, die schon seit langem im Bluebird auftreten, und die berühmte „In the Round“-Show-Serie veranstaltet haben: Marshall Altman, Songwriter, Plattenproduzent und A&R-Leiter in Nashville sowie Singer/Songwriter Dave Barnes.

Der Zufall wollte es, dass Kat & Alex, ein in Zusammenarbeit mit Taylor aufsteigendes Country Music-Duo, kurz vorher zum ersten Mal an der Bluebird’s Open Mic Night teilgenommen hat, woraufhin Tim in der Lage war, auch ihnen ein paar Fragen zu ihrer Erfahrung zu stellen.

Wie das Bluebird sich einen Namen gemacht hat

Ein erwähnenswertes Detail besteht darin, dass früher (und in vielen Fällen auch noch heutzutage) viele Stars der Country Musik nicht alle ihre Songs selbst geschrieben haben. Songwriter sind daher ein fester kreativer Bestandteil der Musikbranche in Nashville. Im Gegensatz zu den Stars, die die von ihnen geschriebenen Songs bekannt gemacht haben, stehen die Songwriter aber selten im Rampenlicht, weshalb sie meist außerhalb der Zirkel der Musikbranche kaum jemand kennt. Darüber hinaus gab es früher nur wenige Veranstaltungsorte, an denen Songwriter ihre Kompositionen live vorführen könnten.

Sobald das Bluebird in den 80er Jahren anfing, sich auf Songwriter zu spezialisieren und als Veranstaltungsort bekannt wurde, nahm es schnell eine wichtige Rolle für das Entdecken neuer Songs und Songwriting-Talente in Nashville ein.

Erika erzählt uns die Geschichte des Bluebird Cafés

„A&R-Leute und Künstler fingen an, unser Café zu besuchen, um sich neue Songs anzuhören und ihre Karriere zu starten“, sagt Erika. „Kathy Mattea ist hier regelmäßig aufgetreten und hat einen Plattenvertrag erlangt. Als die Songwriter diesen Ort als ihre Basis auserkoren hatten, fing Amy an, ihren Fokus nicht nur auf die bereits etablierten und bekannten Songwriter zu richten, sondern auch aufsteigenden Songwritern eine Chance zu bieten, zum Beispiel mit dem Open Mic.

Ganz wie aufsteigende Stand-Up-Komiker ihre Fähigkeiten verfeinern, indem sie neues Material live vor einem Publikum aufführen, bietet sich nun auch Songwritern eine Live-Plattform an, auf der sie Versionen ihrer neuen Songs dem Publikum vorführen können.

„Wenn Sie jemals hier waren, dann wissen Sie, dass es leicht ist, einen guten Song zu erkennen, genau wie einen weniger guten, weil man das Publikum direkt vor sich hat, und das Publikum reagiert auf die Musik“, sagt Erika. „Unser Café ist daher eine Art Labor für Songwriter, wo sie neues Material ausprobieren können.“

Mitunter handelt es sich dabei um ganz frisches Material – ein Song, der an jenem Tag geschrieben wurde oder vielleicht sogar ein unfertiges Stück davon.

Mittendrin

Das typische Format der Live-Aufführungen im Bluebird ist das sogenannte „in the round“, das heißt, anstatt auf einer Bühne zu spielen, sitzen die Songwriter im Zentrum des Saals, direkt vom Publikum umrundet, wo sie abwechselnd ihre Songs spielen und die damit verbundenen Stories erzählen. In einem Saal, der bereits relativ klein ist, führt diese Form des Auftritts zu einer noch intimeren Interaktion zwischen Musiker und Publikum.

Dieses Format wurde 1985 eingeführt, als eine Gruppe erfahrener Songwriter, die sich gut kannten und regelmäßig im Bluebird auftraten – Don Schlitz („The Gambler“), Thom Schuyler („Love Will Turn You Around“), Fred Knobloch („A Lover Is Forever“) und Paul Overstreet („When You Say Nothing At All“) -, bemerkten, dass beim Spielen auf der Bühne mitunter ein Teil des Publikums nicht mehr aufmerksam zuhörte, sondern anfing, sich zu unterhalten. Eines Abends beschlossen Schlitz und Schuyler, sich in der Mitte des Raums einzurichten, mit der Absicht, das Publikum wirklich zu fesseln. Dieser Ansatz war nicht nur erfolgreich, sondern schuf ein einzigartig immersives Erlebnis sowohl für die Musiker als auch die Zuhörer.

„Es passt einfach unheimlich gut zu diesem Raum“, sagt Erika. „Es fühlt sich so an, als würde man im Wohnzimmer spielen. Jeder ist ein Teil der Show, selbst wenn Sie 10 m weit am entferntest aufgestellten Tisch sitzen, sind Sie stets ein Teil des Ereignisses. Ich finde, das gibt dem Publikum wirklich die Chance zu erleben, wie die Musikbranche hier in Nashville funktioniert.“

Im Laufe der Jahre hat das Bluebird eine Hierarchie unterschiedlicher Auftrittsformate entwickelt, um Künstler entsprechend ihres jeweiligen Niveaus optimal zu unterstützen. Jeder kann sich für die Monday Open Mic Night anmelden. Das Bluebird lädt auch vier Mal im Jahr aufsteigende Künstler dazu ein, sich anhand eines kurzen Vorspiels für die Sunday Writers Night zu bewerben (sechs Songwriter auf der Bühne, jeder spielt drei Songs und kann diese weiter ausarbeiten). Und wenn nach der Teilnahme an vier dieser Shows am Sonntagabend der Gesamteindruck positiv ist, dann gibt es die Möglichkeit, mit zwei oder drei anderen Songwritern zusammen eine „in-the-round“-Show zu veranstalten.

„Man kann eine atemberaubende Show mit großartigen Songwritern veranstalten, die sich noch nicht kennen.“

Erika Wollam-Nichols

Erika sagt, das Zusammenstellen eines ansprechenden Programms für eine solche „in-the-round“-Show sei eine Kunst für sich.

„Das Programm dieser Shows wird nicht einfach irgendwie zusammengewürfelt – da gibt es wirklich eine Synergie und einen klaren Plan“, erklärt sie.

Der bei einer Show im Mittelpunkt stehende Songwriter wählt die anderen Künstler aus, die an der Show teilnehmen werden. Damit wird sichergestellt, dass sich die Songwriter bereits gut kennen, was einen großen Vorteil bietet.

„Man kann eine atemberaubende Show mit großartigen Songwritern veranstalten, die sich noch nicht kennen“, sagt Erika. „Sie sitzen dann einfach da und hören sich gegenseitig zu. Wenn man aber vier Songwriter hat, die sich kennen, vielleicht schon zusammen Musik gemacht haben, vielleicht ihre Kinder gemeinsam zur Schule bringen oder mit demselben Label zusammenarbeiten, ja den gleichen Weg beschritten haben, dann bekommt man etwas, das es einfach nirgendwo anders gibt. Ihre Geschichten werden durch ihre Beziehung zueinander verstärkt. Und genau das bekommt das Publikum bei einer solchen Show zu spüren.“

Marshall Altman springt ein

Von der Perspektive des Songwriters aus, könne ein Auftritt im Bluebird sowohl inspirierend als auch herausfordernd sein, insbesondere wenn es das erste Mal ist, sagt Marshall Altman, Songwriter (Frankie Ballard, Eric Paslay, Cheryl Cole), Produzent (Marc Broussard, Walker Hayes, Matt Nathanson) und A&R-Manager (Katy Perry, One Republic, Citizen Cope).

Trotz seiner Erfahrung als live auftretender Musiker, sagt Altman, dass er beim ersten Auftritt im Bluebird wirklich aufgeregt gewesen sei – unter anderem weil seine Teilnahme gar nicht geplant war.

„Die Hochzeit meines Freundes [Songwriter] Rob Hatch hat an jenem Wochenende stattgefunden, und er hatte sich für einen Auftritt verpflichtet“, erzählt Altman. „Ich glaube, die Show umfasste Rob, Dallas Davidson, D. Walt Vincent und Lance Carpenter – vier wirklich großartige Songwriter. In der Nacht zuvor hatte Rob seinen Junggesellenabschied und fühlte sich immer noch nicht ganz wohl. Ich saß mit meiner Frau, Lela, an einem Tisch [in der Nähe] und sie spielten gerade diese Runde, es war einfach großartig, ein Hit nach dem anderen.

„Dallas Davidson spielte „Rain Is a Good Thing”, ein großartiger Hit von Luke Bryan, einer meiner Lieblings-Country-Songs, D spielte „I’m Moving On” (Rascal Flatts), einer der Country-Songs, die mir am besten gefallen, und plötzlich wandte sich Rob an mich und flüsterte verzweifelt: «Mir ist total schlecht. Du musst an meiner Stelle spielen.» Ich hatte hier noch nie zuvor gespielt. In der Tat hatte ich damals erst einen einzigen Country-Song geschrieben, da ich insbesondere Pop und Rock produziere, aber Rob steht auf und schleppt sich zu den Toiletten mit den Worten: «Marshall wird an meiner Stelle spielen», woraufhin ich jenen Song spiele, den ich zusammen mit dem großartigen Songwriter Andrew Dorf komponiert habe. Ich war schon lange nicht mehr so aufgeregt, wie an jenem Abend. Selbst Jahre später habe ich es immer wieder abgelehnt, hier zu spielen.”

Seit jenem Ereignis hat sich Altman dennoch dazu bewegen lassen, an vielen „in-the-round“-Shows teilzunehmen, aber er lässt uns wissen, dass es stets ein besonderes Ereignis darstellt.

„Jedesmal, wenn ich hier auftrete, ist es ein berauschendes Gefühl, weil ich mich all den anderen Songwritern entsinne, die hier vor mir gespielt haben”, fügt er hinzu. „Bei jedem Auftritt spüre ich die Energie aller großartigen Songwriter, egal ob berühmt oder unbekannt, die hier bisher gespielt haben.”

Ein weiterer Grund, warum das Bluebird sich wirklich von anderen Veranstaltungsorten abhebt, bestehe darin, sagt er, dass die Songs, die er und andere Songwriter hier vortragen, meist nie zuvor aufgenommen oder dem Publikum vorgespielt worden sind.

„Was jene Songs betrifft, die es beinahe auf ein Album geschafft hätten, ist das hier ein Weg, nicht so sehr darunter zu leiden”, meint Altman. „Es ist einfach wunderbar, mit welcher Offenheit, Respekt und Sympathie das Publikum, die Menschen, in deren Mitte du spielst, deine Kunst empfangen.  Ich fühle mich diesem Saal für immer verbunden und bin den Leuten dankbar, die all dies möglich machen, insbesondere Erika. Er ist eine Oase, wo wir das teilen können, was wir unser Leben lang geschaffen haben.”

Dave Barnes

Singer/Songwriter Dave Barnes, der 2001 nach Nashville umgezogen ist und ebenfalls eine Reihe „in-the-round“-Shows im Bluebird zusammengestellt und daran teilgenommen hat, sagt, dass er auch heute noch diesen Saal stets als eine Art heiligen Boden empfindet, wenn er ihn betritt.

„Ich finde es einfach cool, die Backstage des Saals zu betreten”, sagt er. „Als ich vor zehn Minuten hier ankam, und das ist kein Witz, da lief es mir kurz kalt den Rücken herunter, weil dies ein so besonderer Ort ist. Es ist eine Art Startrampe für all die magischen Kreationen der Songwriter in Nashville und darüber hinaus.

„Für mich gehört dieser Ort zu den Besonderheiten von Nashville. Man findet nirgendwo auf der Welt etwas Vergleichbares. Ich bin stolz darauf, daran mitzuwirken, auch wenn ich nur dort auftrete oder anderen Leuten davon erzähle, denn dieses Café ist ein wirklich wichtiger Bestandteil der Musikszene von Nashville.”

„Wir stellen eine Art Geflüster dar. Es muss nicht immer ein großer Schrei sein.“

Erika Wollam-Nichols

Bekannte Gesichter

Der Club bekommt auch dadurch einen besonderen Anreiz, dass man nie ahnen kann, wer gerade mitten in der Menschenmasse sitzt und plötzlich eingeladen wird, einen Song zu spielen. Es kann ein Songwriter sein, der einen Hit geschrieben hat und dessen direkte akustische Interpretation im Vergleich zu der gut bekannten Aufnahme die Bedeutung der Worte auf eine ganz andere, einzigartig persönliche Art und Weise hervorhebt: Das Enthüllen der Quintessenz eines Songs auf eine viel gefühlvollere Art.

Oder vielleicht taucht da plötzlich überraschend ein gut bekannter Gast auf, wie zum Beispiel Ed Sheeran oder Taylor Swift, oder einfach jemand der ganz unauffällig irgendwo in der Ecke sitzt und sich die Show anschaut. Das erlebte zum Beispiel Dave Barnes eines Abends, als er gerade auf der Bühne war und plötzlich den legendären Fingerstyle-Gitarristen Tommy Emmanuel inmitten der Menschenmasse entdeckte – prompt lud er ihn ein, mitzuspielen.

„Da habe ich einfach gesagt: «Ich weiß nicht, ob es bereits jemand bemerkt hat, aber da hinten sitzt Tommy Emmanuel, wahrscheinlich einer der besten Gitarristen auf Erden»“, erinnert sich Barnes. „Und er kommt zu uns und fängt an zu spielen, woraufhin ich nur noch den Wunsch verspürte, die darauffolgenden Auftritte einfach abzusagen, denn ich war mir sicher, dass wir jeden anderen, der anschließend G-, C-, D-Akkorde spielen würde, einfach nur langweilig empfinden würden“, amüsiert er sich.

Eine einmalige Gelegenheit

Liana Alpino, Managerin des Bluebird im Bereich Branding und Merchandise, spielt eine wichtige Rolle bei vielen der für den Betrieb des Veranstaltungsorts notwendigen Aufgaben, vom Marketing und Social Media bis hin zu der Verwaltung der Website und ist darüber hinaus zuständig für Partnerschaften des Bluebird. Sie übernimmt einen wichtigen Part der logistischen Koordination für den Golden Pick-Wettbewerb, den das Bluebird und Taylor seit einigen Jahren veranstalten. Sie sagt, was den Wettbewerb so interessant macht, sei die Chance, die aufsteigende Songwriter aus dem ganzen Land damit erhalten, sich einen Auftritt zu verdienen und andere Künstler kennenzulernen.

Erika und Liana Alpino von Bluebird im Gespräch über die Partnerschaft von Bluebird mit Taylor und den Golden Pick-Wettbewerb

„Die Gewinner der letzten Ausgaben des Wettbewerbs kommen aus dem ganzen Land, einmal hatten wir sogar jemanden aus Großbritannien“, sagt sie. „Es ist einfach klasse, all diese Talente von außerhalb von Nashville kennenzulernen. Ich habe das Glück, alle diese Gewinner vor der Teilnahme kennengelernt zu haben, und alle haben ausgedrückt, dass ihnen dieser Wettbewerb wirklich sehr wichtig sei. Viele haben mir gesagt: «Dieser Wettbewerb motiviert mich dazu, jeden Tag zu komponieren.» Viele der Menschen, die sich bei uns bewerben, sind beruflich nicht als Songwriter tätig, ja oft nicht einmal Berufsmusiker. Sie haben ihren normalen Alltag… Da kann es mitunter echt schwierig werden, kreativ zu sein, aber sie haben festgestellt, der Wettbewerb sei ein guter Grund, regelmäßig Songs zu schreiben.“

Kat und Alex

Kat und Alex sind ein Ehepaar und ein Country-Duo, wobei ihre Musik einzigartige Latin-Einflüsse aufweist und ihre mitunter auf Englisch und Spanisch gesungenen Liedtexte reichhaltige Harmonien bilden.   Kat stammt aus einer kubanischen Familie, die nach Amerika eingewandert ist, und Alex ist von portorikanischer Abstammung. Die beiden lernten sich in ihrer Heimatstadt, Miami, kennen. Ihre gemeinsame Leidenschaft für Country- und Latin-Musik bildet die Grundlage ihrer musikalischen Identität und seit ihrem Umzug nach Nashville, mit dem Ziel, ihre Karriere voranzutreiben, haben sie sich auf das Schreiben und Aufnehmen ihrer eigenen Songs konzentriert, wobei sich alle ihre musikalischen Einflüsse kreativ vermischen.

Als unser Team das Bluebird besuchte, ergab sich der glückliche Zufall, dass Taylor bereits eine Video-Aufzeichnung mit ihnen in unserem Showroom in Nashville für unsere Soundcheck-Serie in derselben Woche vereinbart hatte, sodass Tim Godwin in der Lage war, ihrem ersten Auftritt im Bluebird beizuwohnen und sich am nächsten Tag mit ihnen für ein paar Fragen zu treffen. Im Gespräch darüber, war ersichtlich, dass sie noch dabei waren, den Rausch der Gefühle zu verarbeiten, der mit dem Erreichen dieses Meilensteins aufkam.

„Noch nie habe ich bei einem Auftritt so viel Tränen vergossen“, sagt Kat.

„Du bist da so dicht vom Publikum umgeben“, fügt Alex hinzu. „Es ist ein richtig intimer Moment, wo du den Leuten direkt deine Karriere, ja dein Leben eröffnest und das finde ich wirklich außergewöhnlich. Es ist eine Art heiliger Ort, praktisch von gleicher Magnitude wie das Grand Ole Opry.“

Die beiden spielten während ihres Auftritts mehrere neue Songs zum ersten Mal.

Kat und Alex beim Vorführen ihres Songs „I Want It All“

„Ich habe einen Song gesungen, den ich für Kat geschrieben habe und der ihr gewidmet ist“, sagt Alex. „Sie hat auch einen Song gesungen, den wir geschrieben haben und der ihren Eltern gewidmet ist. Dann haben wir noch einen Song gesungen, den wir bisher noch nicht veröffentlicht hatten, mit dem Titel «Cowboys Need Sunsets». Es war wirklich ein ganz besonderer Abend, wir haben eine Menge Material geteilt, das wir geschrieben haben, aber noch nirgendwo veröffentlicht hatten, noch nicht einmal auf Social Media.“

„Es gab Leute, die mit mir geweint haben“, sagt Kat. „Jemand hat mir ein Taschentuch überreicht. Da wusste ich, das ist OK, sie fühlen es auch, sie verstehen uns. Wenn das passiert, heißt das für mich, das wir unsere Aufgabe verrichtet haben.“

In die Songwriter der Zukunft investieren

Nachdem sich das Bluebird als ein für die Musikszene von Nashville bedeutender Veranstaltungsort etabliert hatte, hat sich die Gründerin Amy Kurland darum bemüht, einen Weg zu finden, seine Zukunft zu sichern, wenn für sie der Zeitpunkt käme, das Ruder in andere Hände zu überreichen. Sie hat deshalb das Bluebird im Jahr 2008, als sie in den Ruhestand trat, an die NSAI (Nashville Songwriters Association International = internationaler Verein der Songwriter von Nashville) verkauft, der weltweit größte gemeinnützige Songwriter-Verein. Ihrer Ansicht nach sei die NSAI mit ihrer Mission „Songwriter in ihrer Ausbildung, Laufbahn und gesellschaftlichen Stellung zu unterstützen und als vereinende Kraft innerhalb der Musikergemeinde und der Gemeinde im Allgemeinen zu wirken“ die ideale Wahl für die Übernahme des Cafés.

Kurland hatte auch schon die passende Person für die Leitung gewählt: Erika, die das Bluebird verlassen hatte und in den vorangehenden drei Jahren bei der NSAI als Entwicklungsleiterin gearbeitet hatte. Sie nahm die Einladung an und ist nun Manager und COO des Bluebird Cafés.

Das Bluebird wird im Fernsehen bekannt

Im Jahr 2011 erhielt Erika einen Anruf, im Zusammenhang mit einem Projekt für ein TV-Drama, das in Nashville gedreht werden sollte und dessen Story vom Leben mehrerer fiktiver Country-Stars handeln sollte. Das Produktionsteam wollte Nashville so authentisch wie möglich wiedergeben, weshalb sie um Erlaubnis für das Filmen der Pilot-Folge im Bluebird fragten. Erika willigte ein und die Serie, mit dem Titel Nashville, wurde von ABC ausgestrahlt. Es wurden sechs Staffeln produziert, von 2012 bis 2018, zuerst für ABC, später dann CMT.

Das Bluebird verblieb ein relevanter Veranstaltungsort während der gesamten Serie, aber um das zu erreichen, sah sich die Produktion (Lion’s Gate) gezwungen, den Club (außen und innen) im Studio exakt nachzubauen. Beim Nachbau wurde peinlich genau auf jedes Detail geachtet, um die größtmögliche Authentizität zu erreichen. (Die Designer gingen so weit, dass sie die Fotos der Musiker, die im Bluebird an der Wand hängen, ausgeliehen haben, um sie zu scannen und dann an der Wand des Nachbaus auf genau dieselbe Art und Weise aufzuhängen).

Für das Bluebird führte dies zu weltweiter Anerkennung als Marke und es wurde zu einem absolut unverzichtbaren Reiseziel für Fans der Serie, was zu einem überwältigenden Ansturm von Touristen führte, mit dem der kleine Club kaum zurechtkam.

„Ich finde es besonders interessant, dass die Leute hauptsächlich nur auf die Berühmtheit des Orts reagierten“, sagt Erika. „Sie wussten oft gar nicht, dass es hier Musik gibt, dass hier zwei Shows pro Abend stattfinden. Das war ihnen praktisch egal. Sie wollten einfach nur diesen Ort betreten oder vielleicht ein Foto schießen. Wenn Sie sich den Dokumentarfilm anschauen, werden Sie ein paar Bilder davon sehen, das war schon beeindruckend.“

Die Tatsache, dass so viele Menschen das Bluebird aufsuchten, hatte aber auch eine positive Seite: es wurde leichter, zu zeigen, warum Songwriter in Nashville so wichtig sind.

„Songwriter haben bei uns königlichen Status und es ist unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass die Leute das merken“, sagt sie. „Wir bekamen die Gelegenheit, zu betonen, dass wir ein Musikclub sind, bei uns Songs entstehen, Songwriter auftreten, das war schon hilfreich. Aber trotzdem haben wir nach wie vor nur 86 Sitzplätze.

Der Erfolg der TV-Serie führte auch zu verstärktem Interesse von anderen, einen Dokumentarfilm über das Bluebird zu drehen: ein Projekt, das Erika bereits angestrebt hatte, um die ereignisreiche Geschichte des Cafés festzuhalten. Sie traf sich mit den Filmemachern Brian Losciavo und Jeff Molano, die an der TV-Serie mitgearbeitet hatten, und sie nutzten die Gelegenheit, das Projekt ins Leben zu rufen.

Erika war begeistert vom Ergebnis, Bluebird.

„Der Film hätte nicht besser werden können“, meint sie. „Sie würden wahrscheinlich lachen, wenn Sie die Aufnahmen [der Auftritte] für den Film gesehen hätten: Es gab Elemente vom Kamerateam unter den Tischen, hinter den Pfeilern, zwischen den Beinen der Zuhörer, nur um in der Lage zu sein, das Ambiente festzuhalten, jene intime Nähe, die in diesem Saal zwischen einem Zuhörer, einem Songwriter und einem Song entsteht.“

Auch nach dem 40. Jahrestag des Bluebird im Jahr 2022 ist Erika genauso leidenschaftlich darum bemüht wie zuvor, die Quintessenz und das Vermächtnis dieses Veranstaltungsort am selben Ort zu erhalten, obwohl Nashville und die angrenzenden Vorstädte fortwährend wachsen, sowohl urbanistisch als auch wirtschaftlich.

„Gleich neben uns wird gerade ein Gebäude mit 22 Stockwerken gebaut, in dem ein Riesen-Einkaufszentrum entstehen soll“, sagt sie. „Vielleicht schauen Sie sich das Interieur des Bluebird an und stellen fest: Das sind alte Teppiche, Tischdecken und so weiter, aber der Raum hat eine besondere Energie und inspiriert die Leute, den Mut zu finden, die beste Musik zu machen, die sie können. Außerdem stellen wir uns so gut wie möglich auf die Künstler ein, mit denen wir zusammenarbeiten, was auch dafür gilt, wie wir fortschreiten, um uns gegenseitig zu unterstützen. Das ist wirklich, wirklich wichtig, denn wir stellen eine Art Geflüster dar. Es muss nicht immer ein großer Schrei sein. Wir müssen uns stets darauf konzentrieren, was wir sind und was wir tun, und ich denke, Taylor hat eine ganz ähnliche Einstellung.“

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